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Die Frage des Erfolgs



„War ich nicht schon erfolgreich?“, dachte Susan, während sie ihre Gedanken sortierte. „Oder hab ich mir das einfach nur eingebildet? Habe ich mich tatsächlich so sehr in meinen eigenen Geschichten verloren, dass ich jetzt die ganze Zeit tue, als wäre ich gescheitert? Vielleicht habe ich mir das alles nur eingeredet, um nicht wirklich zu fühlen. Ich meine, wer will schon mit dem Erfolg umgehen, wenn es viel bequemer ist, sich als Opfer zu sehen?“


Ah, der vertraute Gedanke, dass sie sich einfach nur selbst belügt. Natürlich, sie hatte alles verloren – Land, Sport, die perfekte Mutter. Aber warum nicht einfach mal annehmen, dass all das vielleicht, nur vielleicht, auch irgendwie Teil eines Erfolgs war? Das wäre ja viel zu einfach, oder?


Buddha, die Therapeutin mit ihren stets ruhigen Augen, schien genau zu wissen, was Susan dachte. Sie verschwendete keine Zeit damit, die ganze Dramatik zu entschlüsseln, sondern brachte einfach die Wahrheit auf den Punkt: „Erfolg ist nicht das, was du siehst, Susan. Es ist das, was du in dir selbst erkennst. Du bist es, die ständig versucht, ihre eigenen Leistungen kleinzureden, um nicht wirklich zu fühlen, was dahinter steckt. Aber weißt du was? Du hast es nie wirklich zugelassen, Erfolg zu fühlen. Du warst zu beschäftigt damit, dir einzureden, dass er nicht genug war.“


Susan seufzte. „Oh klar, ich hab’s wieder mal mit der Selbstsabotage übertrieben, das ist der wahre Erfolg, nicht wahr?“, dachte sie ironisch. Aber dann, für einen Moment, kam ein Funken der Erkenntnis.


„Vielleicht habe ich mich in den ganzen Geschichten über Mangel und Versagen verloren“, dachte sie. „Vielleicht ist der wahre Trick nicht darin zu finden, was ich verloren habe, sondern zu erkennen, was ich alles erreicht habe. Aber hey, wer braucht schon Erfolge, wenn man sich selbst am besten in der Rolle des tragischen Helden sehen kann?“


„Du hast dich immer hinter dem Schmerz versteckt, weil das einfacher war“, sagte Buddha, als ob sie Susans Gedanken schon vorweggenommen hätte. „Der Erfolg war nie das Problem. Du hast dir nur eingeredet, dass er nicht genug war, um deine Wunden zu kaschieren.“


Ah, also war es das. „Vielleicht habe ich den ganzen Schmerz überbewertet. Vielleicht war ich so beschäftigt, das Gefühl zu vermeiden, dass ich einfach vergaß, wie weit ich gekommen bin.“


Buddha nickte langsam, als ob sie eine unsichtbare Tasse Tee in der Hand hielt. „Genau. Es ist nie zu spät, den Erfolg zu sehen. Aber du musst aufhören, immer wieder die Geschichte des Scheiterns zu erzählen. Du hast das Recht, deine Erfolge zu fühlen, auch wenn sie nicht das Bild von Perfektion erfüllen, das du dir ausgemalt hast.“


„Vielleicht“, dachte Susan, „muss ich einfach mal zugeben, dass ich tatsächlich einiges erreicht habe. Oh, der Schock! Ich bin erfolgreich, und zwar auf meine eigene, sehr chaotische Weise. Wer hätte das gedacht?“


Mit einem letzten, ironischen Lächeln wusste sie: Es war an der Zeit, endlich den Erfolg zu fühlen – ohne Drama, ohne das ewige Versteckspiel. Der wahre Erfolg war nicht der, den sie sich ausmalte, sondern der, den sie in sich selbst entdeckte. Und das war vielleicht der größte Erfolg von allen.

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