Endlich Stolpen – und endlich Ruhe
- Susan Richter
- 3. Mai
- 2 Min. Lesezeit
in Stolpen – Ein Kurzurlaub für die Seele
Frauchen war nicht sie selbst in den letzten Tagen. Unruhe lag in jeder ihrer Bewegungen, ihre Stimme klang oft angespannt, und der Griff an der Leine war fester als nötig. Selbst die Neustadt, mit ihren gelassenen, beinahe meditierenden Hunden, konnte sie nicht beruhigen. Diese Hunde, die wie Zen-Meister durch die Straßen schlurften, als hätten sie alle Zeit der Welt – sie irritierten sie fast noch mehr. So viel Gelassenheit schien ihr verdächtig.
Aber dann kam gestern.
Gestern war alles anders.
Wir fuhren nach Stolpen – ein kleiner Ort, irgendwo im Grünen, mit einem Schloss und einer Cosel, die wohl irgendetwas Wichtiges mit Geschichte zu tun hatte. Frauchen war eingeladen, ihre Freundin Bi zu besuchen, und ich durfte mit. Ich war sofort Feuer und Flamme – denn da roch es nach Wiese, nach Wind, nach Leben. Nicht nach Beton, Abgas und Stadtgeknatter.
Keine hupenden Autos.
Keine Mülltonnen, die plötzlich lospoltern, oder Straßenbahnen, die aus dem Nichts kamen
Nein.
In Stolpen ging alles anders.
Die Hunde dort schlenderten. Ja, wirklich: Sie schlenderten. Nicht aus Faulheit – sondern aus Prinzip. Als wüssten sie: Stress ist was für die anderen. Sie sahen mich an, freundlich, ruhig. Kein Gekläffe, kein Dominanzgehabe. Einfach nur: „Willkommen, Bruder. Atme durch.“
Und ich tat es.
Während Frauchen bei Bi Tee trank, lachte, und endlich langsamer wurde, suchte ich mir einen Platz im Schatten eines alten Apfelbaums. Das Gras war weich. Die Sonne streichelte mein Fell. Bi steckte mir ein Stück Käse zu – ein stilles Einverständnis unter Genießern.
Und dann sah ich Frauchen.
Wie sie zum ersten Mal seit Tagen wieder ruhig atmete. Wie ihre Schultern sanken, die Stirn glatt wurde. Sie war endlich angekommen – nicht nur in Stolpen, sondern bei sich selbst.
Ich musste nicht mehr aufpassen. Nicht scannen, nicht sichern, nicht vorausdenken. Ich durfte einfach Hund sein.
Stolpen war nicht nur ein Ort. Es war ein Gefühl.
Und als wir am Abend ins Auto stiegen, da wusste ich:
Es war nicht die Landschaft allein, nicht die ruhigen Hunde, nicht einmal der Käse von Bi.
Es war das Vertrauen.
Das Vertrauen, das Frauchen langsam wiederfand – in sich, in die Welt und, vielleicht, auch ein bisschen in mich.
Stolpen war unser kleiner Neuanfang.
Ein Kurzurlaub vom Wahnsinn – mit Nachklang.
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