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Helmut und der Boden unter den Pfoten


Ich lag auf dem Sofa, unfähig, mich zu bewegen. Arme schwer, Beine voller Schmerz, der Rücken brannte, als hätte jemand eine heiße Herdplatte daruntergeschoben.

Und dann kam es – dieses Herzrasen, die Enge im Brustkorb, die Gedanken im Karussell.

Die Panik.


Die Tür öffnete sich, und Loki trat herein. Er war noch erdig vom Wald, die Pfoten feucht, das Fell roch nach Moos und Wind. Er sprang nicht aufs Sofa. Nein. Er blieb am Boden, setzte sich einfach neben mich. Seine Augen suchten meine, fest, klar, ruhig.


Er atmete tief. Und ich versuchte, mit ihm zu atmen. Ein. Aus. Ein. Aus. Seine Ruhe zog durch den Raum wie eine unsichtbare Decke.


Und natürlich – wie immer, wenn es am schwersten wurde – tauchte Helmut auf. Diesmal trug er einen roten Mantel, wirbelte mit den Armen, als wolle er ein Feuerwerk dirigieren.


„Willkommen zur großen Abendvorstellung!“ rief er mit lauter Stimme. „Heute: Schmerzen, die man sich nicht vorstellen kann! Dazu Panikattacken in der Hauptrolle! Donnerndes Herz, brennender Rücken, zuckende Beine – alles live und exklusiv in deinem Wohnzimmer!“


Ich presste die Zähne zusammen, Tränen liefen mir über die Wange. „Helmut… hör auf. Es reicht.“


„Reichen?“ lachte er, „Ich fang doch gerade erst an! Schau, wie dein Körper gehorcht: jeder Nerv ein Instrument, jeder Muskel eine Trommel. Ich bin der Dirigent – und du bist mein Orchester.“


Loki gähnte. Laut, betont, so als wolle er sagen: Dein Theater langweilt mich, Helmut.

Dann legte er sich langsam hin, direkt neben das Sofa. Keine Dramatik, kein Bellen – nur Nähe. Seine Pfoten ausgestreckt, der Kopf schwer auf dem Boden, sein Atem tief und gleichmäßig.


Helmut hörte tatsächlich auf zu reden. Er starrte auf Loki, als würde er nicht verstehen, wie so viel Ruhe einfach den Raum füllen konnte.


Ich fixierte den Hund, klammerte mich innerlich an seinen Atemrhythmus. Mein Herzschlag begann, sich anzupassen. Das Feuer in meinem Rücken brannte immer noch, die Gliedmaßen taten weh, aber der Sturm in meiner Brust wurde leiser.


„Siehst du, Helmut,“ flüsterte ich, „du bist laut. Aber Loki ist still. Und Stille gewinnt.“


Helmut stampfte mit dem Fuß, zog seinen roten Mantel enger um die Schultern und murmelte beleidigt: „Ihr seid Spielverderber.“ Dann verschwand er in der Ecke, kleiner als zuvor.


Loki hob einmal die Augenbrauen, als wolle er prüfen, ob ich noch atmete. Dann schloss er die Augen, schnaufte zufrieden – und war einfach da.


Und so war der Boden, auf dem er lag, plötzlich auch meiner. Ein Stück Halt inmitten von Schmerz und Panik.



Fazit


Helmut bringt Schmerzen, Panik und ein Feuerwerk, das man keinem wünscht. Aber Loki bringt Ruhe, Bodenhaftung und Liebe – genau das Gegengewicht, das man in solchen Momenten braucht.

Manchmal kann man die Krankheit nicht wegschicken, aber man kann ihr den Platz nehmen. Mit Atem, mit Humor, mit einem Hund, der still am Boden liegt und damit mehr sagt als tausend Worte.

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